Resal


Rudolf Emil Sanchioni in Luzern (Abkürzung RESAL) betrieb ab 1941 eine elektromechanische Werkstätte. Gegen Kriegsende, als die Spielwarenimporte aus Deutschland zum Erliegen kamen, begann er einen zu den Metallbaukästen MÄRKLIN, MECCANO und STOKYS passenden Antriebsmotor zu produzieren. Man erkannte sofort, dass der MÄRKLIN-Motor 1301M Pate gestanden hatte. Sanchioni verbesserte jedoch die Anordnung der Steckerplatte, die später von Märklin übernommen wurde. Im weiteren wurde ein Motorbaukasten angeboten, der demjenigen von MÄRKLIN-ELEX nachempfunden war.

Antriebsmotor M0 Motorbaukasten

(Bilder aus dem RESAL-Katalog 1950)

 

Angespornt durch Franz Carl Weber (FCW), dem größten Spielwarengeschäft der Schweiz, wagte sich Sanchioni an die Entwicklung einer Spur-0-Eisenbahn. Es entstand eine robuste 1B1-Lok mit Zinkspritzgussgehäuse, das bei der Injecta AG (INCA) hergestellt wurde. Etwas weniger glücklich war die Modellwahl der Lok, die kein Vorbild hat und recht spielzeughaft wirkt, obwohl Sanchioni sie als getreue Nachbildung der Gotthardlokomotive bezeichnet hat. Modellbahnerkreise beanstandeten dies stark, hätte die Nachbildung einer real existierenden SBB-Lok ihrer Meinung nach bei nicht höheren Kosten mehr Erfolg gehabt. Die Lok erschien auf Weihnachten 1945 und hat sich als robust, laufruhig und zugkräftig erwiesen, was ihr doch noch eine gewisse Beliebtheit einbrachte.

Um auch Kunden mit einem kleineren Portemonnaie gewinnen zu können entwickelte Sanchioni eine billigere B-Lok mit Blechgehäuse und demselben Antrieb wie die Gusslokomotive.  Sie war in grün und braun sowie mit Hand- oder Perfektschaltung erhältlich, fand aber aufgrund ihrer eigenartigen Gestaltung kaum Käufer, sodass Rudolf Sanchioni beim Umzug an sein neues Domizil im Fluhgrund 1 angeblich diese Loks auf der Strasse den vorbeigehenden Kindern verschenkt haben soll (!). Heute ist sie aber wesentlich gesuchter als die Gusslok.

E-Lok 1B1 mit Gussgehäuse E-Lok B mit Blechgehäuse

Aus dem Nachlass der gescheiterten Re 4/4’-Produktion von SPIEWA bezog Sanchioni später eine kleine Anzahl INCA-Zinkspritzgussgehäuse, die er für den Bau einer Ae 4/6-Lokomotive verwendete. Als Antrieb setzte er 2 seiner bewährten B-Antriebe ein, was der Lok eine beachtliche Zugkraft verlieh.

Kleinserie-Ae 4/6 mit SPIEWA-Re 4/4-Gehäuse  

Unter dem Druck des Spielwarenhandels entschloss sich Rudolf Sanchioni seine Bahn zu einer kompletten Systembahn auszubauen. Als erstes konstruierte er Schnellzugswagen, für deren Vorbild er die bei den SBB ab 1937 eingesetzten Leichtstahlwagen wählte. Hiefür verwendete er 0,5 mm dickes Stahlblech, was den Wagen eine hohe Robustheit verlieh.

Das Programm umfasste einen Reisezugwagen, einen Speisewagen, der in grün und weinrot erhältlich war und erstaunlicherweise keinen Gepäck- sondern einen Postwagen in grün und in grau. Alle drei Wagentypen wiesen eine Länge über Puffer von 30 cm auf. Leider bewies Rudolf Sanchioni auch bei den Wagen kein besonders geschicktes ästhetisches Gefühl. Vergleicht man seinen Leichtstahlwagen mit demjenigen von ->HAG, kommt man kaum auf den Gedanken, dass beide das gleiche Vorbild haben.

Reisezugwagen der 1. Serie mit fast flachem Dach

LeichtstahlReisezugwagen 30 cm der späteren Serie

Speisewagen 30 cm Postwagen 30 cm

Um auch Besitzer von Anlagen mit kleinem Gleisdurchmesser bedienen zu können, konstruierte Sanchioni eine auf 23 cm verkürzte Version, Durch die asymmetrische Türanordnung entfernten sich diese Wagen noch weiter von ihrem Vorbild. Die kurzen Wagen waren in den selben Farben wie ihre langen Brüder erhältlich.

Reisezugwagen 23 cm Speisewagen 23 cm
Postwagen 23 cm

Für Gütertransporte standen lediglich zwei verschiedene Wagen zur Verfügung, nämlich ein Holzwagen für Stammholztransporte und ein „Kohlenwagen“ genannter offener Güterwagen, der stark dem MÄRKLIN-„Grünfink“ 1761 ähnelt. Beide Wagen teilen sich das Chassis mit demjenigen der Blechlok mit einer LüP von 22 cm und sind offensichtlich durch eine Kooperation mit ->ERNO entstanden. Die Form der Achslagerböcke mit den durch Punktschweissung befestigten Achslagerdeckeln ist identisch mit derjenigen von ERNO. Der ganze Aufbau des offenen Güterwagens samt Bremserhaus kommt ebenfalls von ERNO.

Holzwagen mit unterschiedlich hohen Rungen „Kohlenwagen“

 

Anfänglich bezog Rudolf Sanchioni die Geleise von ->BUCO, entwickelte aber später eigenes, mit BUCO kompatibles Gleismaterial, das aus brüniertem Stahlprofil und Holzschwellen bestand. Das zähe Stahlprofil verlieh dem RESAL-Gleis eine hohe Trittfestigkeit.

Gleise für 122er-Kreis analog Buco

Bei der Weichenkonstruktion orientierte sich Sanchioni wiederum am MÄRKLIN-Modellgleis. Die Grundplatte bestand jedoch aus Holz, aber der Antrieb entsprach weitgehend demjenigen aus Göppingen.

Weichen mit MÄRKLIN-ähnlichem elektromagnetischem Antrieb

Das Sortiment umfasste auch zwei Trafos aus eigener Produktion mit Überspannungsumschalttaste und einer Leistung von 30 Watt oder 60 Watt. Ungewohnt ist die Drehrichtung des Reglerknopfs, die mit einem Wasserhahn vergleichbar ist, d.h. die Spannungserhöhung erfolgt durch Linksdrehung. Praktisch ist die Gleisanschlussplatte, die derjenigen von ->LIONEL nachempfunden ist und an beliebiger Stelle der Gleisanlage eingesetzt werden kann.

60 W-Trafo Gleisanschlussplatte

RESAL bot auch vier verschiedene Zugspackungen an. In Ermangelung eines gedeckten Güterwagens beinhaltete die Güterzugspackung nebst dem Holz- und dem Kohlenwagen den kurzen Postwagen.

Rudolf Sanchioni musste wegen des Umsatzeinbruchs die Produktion 1950 einstellen. Zurück blieb ein riesiges Lager an Einzelteilen und Halbfabrikaten bis anfangs der 1990er-Jahre eine Kooperation mit WALTER BURGER -> Burger aus Zug entstand, der die RESAL-Bahn für Rund 10 Jahre, bis zu seinem Ableben, aus ihrem Dornröschenschlaf erweckte.

 

14.1.2017 GJW

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